Startseite » Bonn entdecken: Ein Stadtspaziergang mit Rainer Selmann

Bonn entdecken: Ein Stadtspaziergang mit Rainer Selmann

City walk – HalloBonn! und Rainer Selmann erlaufen die schönsten Ecken der Stadt Bonn.

„Damit man das Muchewasser wieder sehen könnte, müsste es wohl mehr als ein paar Wochen Dauerregen geben“, schmunzelt Rainer Selmann. Der Mann kennt sich aus – nicht nur im modernen Hochwasserschutz entlang des Rheinufers, sondern überhaupt in Bonn und in den Details seiner Stadtgeschichte. Der Historiker ist als selbsternannter „Stadtspaziergänger“ mittlerweile eine lokale Berühmtheit.

Am oberen Ende des Kaiserplatzes hat man einen schönen Blick bis zum Venusberg.Begonnen hat alles im Jahr 2004: Selmann sammelte damals für eine Veranstaltung zum 70. Jahrestag der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 Material und fand darüber Geschmack an Bonns Stadtgeschichte. Und weil er die auch für historisch eher unbeleckte Gemüter gleichermaßen spannend und unterhaltsam rüberzubringen versteht, kann er seit ein paar Jahren von den Einnahmen seiner „Spaziergänge“ leben. Immer, wenn er wie immer in einen dezent-schicken grauen Anzug gewandet, ein Grüppchen Info-begieriger Mit-Spaziergänger um sich schart, dürfen sich die Teilnehmer auf einen Blick hinter die Kulissen der Bundesstadt freuen.

So wie an der Muche, einer ehemaligen Stromschleife des Rheins auf der „Schäl Sick“: Vor sechs oder sieben Jahren seien tatsächlich ein paar Gärten an der nördlichen Limpericher Straße überflutet worden, das letzte Mal sei der alte Rheinarm aber im Jahr 1926 zum Vorschein gekommen. Und dank modernen Hochwasserschutzes sollte das voraussichtlich auch das letzte Mal gewesen sein. Die Tour ist aber exemplarisch für Selmanns besonderen Blick auf die Stadt: Weniger die Top-Sehenswürdigkeiten interessieren den etwas anderen Stadtführer; vielmehr liebt er es seinen „Mitläufern“ Anekdoten und Geschichten zu unbekannten aber gerade deshalb interessanten Orten zu erzählen. So kann man mit Selmann über die Bonner Friedhöfe laufen (48 Friedhöfe oder wo man in Bonn sonst noch tot sein kann), das Macke-Viertel entdecken (Der verruchte Bonner Norden – auf ein Bier mit August Macke) oder die Bonner Innenstadt auf den zweiten Blick erleben (Tatsachen und Legenden).

Selmanns Spaziergänge kosten jeweils 9 Euro pro Person, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Rundgänge dauern zirka zweieinhalb – das Stadtradeln dreieinhalb Stunden. Die Spaziergänge können auch zu individuellen Terminen gebucht werden oder als Kombination aus verschiedenen Touren: Der Mindestpreis dafür beträgt 50 Euro, ab September 60 Euro. Für HalloBonn! hat Selmann sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Den HalloBonn!-Sommerspaziergang zum Selbernachlaufen.

Wir starten am Beethovendenkmal, das zum 75. Geburtstag von Ludwig van Beethoven am 12. August 1845 errichtet wurde. Zwar wurde Bonns berühmtester Sohn eigentlich im Dezember 1770 geboren, „Da war’s den Bonnerinnen und Bonnern aber schlicht zu kalt und so wählten sie den 12. August als Einweihungstermin“, weiß Selmann. Der Weg führt weiter über den Münsterplatz zum Stadtmodell von Bonn, direkt vor dem Kaufhaus Sinn, ein schöner Überblick auf das Bonn Ende des 18.Jahrhunderts. Danach geht es zum Kaiserplatz mit der wunderschönen Aussicht nach Poppelsdorf und zum Poppelsdorfer Schloss. Bei der Umrundung des Kaiserplatzes kann man noch den Namensgeber, Kaiser Wilhelm I., entdecken: Etwas versteckt steht er vor dem Lokal „Kaisergarten“. An der evangelischen Kreuzkirche von 1871 (erneuert 1934) vorbei geht es zur Hofgartenwiese. Von der Südseite hat man einen schönen Blick auf das ehemalige kurfürstliche Schloss, in dem – am 18. Oktober 1818 gegründet – heute die Universität untergebracht ist. Direkt vor uns liegt das Akademische Kunstmuseum mit seinen antiken Gipsabdrücken, ab 1824 war hier die Anatomie untergebracht. „Da aber eine Kühlung für das Leichenhaus fehlte, gab es immer wieder Beschwerden wegen einer gewissen Geruchsbelästigung im Sommer“, so Selmann. 1872 wurde die Anatomie dann nach Poppelsdorf verlegt. Der Blick schweift zum Balkenhol-Kunstwerk und wir sehen August Macke auf seine Farben blicken. Entlang der Adenauerallee gelangen wir zum Stadtgarten und hinab zum Rhein. Hier sollten die exotischen Bäume nicht unerwähnt bleiben, so finden sich kanadischer Ahorn, ungarische Eiche, georgische Flügelnuss und der Urmammutbaum aus China dort. Der Alte Zoll mit seinen französischen Kanonen bietet dann die Gelegenheit auch über den Rhein hinauszuschauen, über der Kennedybrücke ist die Doppelkirche von Schwarzrheindorf zu sehen und Richtung Süden, so das Wetter mitspielt, lassen sich die Konturen des Siebengebirges mit dem Drachenfels und dem Petersberg ausmachen. Idealer Ort für einen Zwischenstopp ist im Sommer der beliebte Biergarten am „Alten Zoll“, nicht nur Studenten kühlten ihre Kehlen hier schon in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Treppe hinab zum Rhein gewährt einen Blick auf die Büste des Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné und entlang des Stroms Richtung Norden gelangen wir nun zu „Et Bröckemännche“, einer kleinen Steinfigur an der heutigen Kennedybrücke. Ursprünglich war die Figur an der alten Rheinbrücke von 1898 angebracht und zeigte mit ihrem entblößten Allerwertesten Richtung Schäl Sick, weil sich die Beueler nicht am Bau der Brücke beteiligt hatten und die Bonner sie allein finanzieren mussten. Ein paar Stufen empor geht’s zum Opernbau von 1965, noch ein kurzer Blick zurück auf den Rhein, dann laufen wir wieder Richtung Innenstadt.

Nach der Unterquerung der Adenauerallee, erreichen wir die Remigiuskirche, eine ehemalige Minoritenkirche aus dem Jahr 1276, darin steht noch der Original-Taufstein an dem auch ein gewisser Herr van Beethoven auf den Vornamen Ludwig getauft wurde. Eine kleine Oase der Ruhe bildet der zugängliche Kreuzgang im hinteren Teil der Kirche. Zum Abschluss geht es dann auf den trubeligen Marktplatz mit seinem Alten Rathaus von 1737, an Werktagen bietet sich neben einem Marktbummel auch ein Besuch der Buchhandlung Thalia an, weil man dort noch Überreste des alten Metropol-Kinos finden kann. „Das Kassenhäuschen von 1929 im Untergeschoss ist mindestens sehenswert wie die Details um seine letztendlich gescheiterte Unterdenkmalschutzstellung“, so Selmann.

 

Hallo Bonn! and Rainer Selmann enjoy the most beautiful corners of the city.

So you could see the Muchewasser again, there would probably be more than a few weeks of continuous rain,“ smiles Rainer Selmann. The man knows his way around – not only in modern flood protection along the banks of the Rhine, but in Bonn and in the details of his city‘s history. The historian is now a local celebrity as a self-proclaimed „city walker“.

It all started in 2004: Selmann collected material for an event on the occasion of the 70th anniversary of the burning of books on May 10, 1933 and found taste in Bonn‘s urban history. And because he knows how to convey the equally unbelieving minds equally exciting and entertaining, he can live for a few years on the income of his „walks“. Whenever he, as always, dressed in a discreetly elegant gray suit, gathers a group of information-eager fellow walkers, the participants can look forward to a look behind the scenes of the city.

As on the Muche, a former river loop of the Rhine on the „Schäl Sick“: Six or seven years ago, a few gardens were flooded on the northern Limpericher Straße, but the last time the old Rhine arm came to the surface in 1926 , And thanks to modern flood protection, this should probably have been the last time. But the tour is an example of Selmann‘s special view of the city: less the top sights interest the slightly different city guide; Rather, he loves to tell his „followers“ anecdotes and stories about unknown but just  therefore interesting places. So you can walk with Selmann over the Bonn cemeteries (48 cemeteries or where else you can still be dead in Bonn), discover the Macke district (The wicked north of Bonn – on a beer with August Macke) or the Bonn city center on the second Experience a view (facts and legends).

Selmanns walks cost 9 Euro per person, a registration is not required.
The tours take about two and a half – the city cycling three and a half hours. The walks can also be booked on individual dates or as a combination of different tours: The minimum price is 50, – Euro, from September 60 Euro. For HalloBonn! Selmann has come up with something very special: the HalloBonn! -Sommerspaziergang to Selbernachlaufen. We start at the Beethoven monument, which was built on August 12, 1845, on the occasion of Ludwig van Beethoven‘s 75th birthday. Although Bonn‘s most famous son was actually born in December 1770, „It was just too cold for the people of Bonn, so they chose August 12 as the inauguration date,“ says Selmann. The way continues over the cathedral square to the city model of Bonn, directly in front of the department store Sinn, a nice overview of the Bonn at the end of the 18th century. Then it goes to Kaiserplatz with the beautiful view to Poppelsdorf and Poppelsdorfer castle. While walking around the Kaiserplatz you can still see the namesake, Kaiser Wilhelm I., He is somewhat hidden in front of the restaurant „Kaisergarten“. At the Protestant cruciform church of 1871 (renewed in 1934), it goes to Hofgartenwiese. From the south side you have a beautiful view of the former Electoral Palace, where – founded on 18 October 1818 – today the University is housed.
Directly in front of us is the Academic Art Museum with its antique plaster casts, from 1824 here the anatomy was housed. „But since there was no cooling for the morgue, there were always complaints about a certain odor nuisance in the summer,“ said Selmann. 1872, the anatomy was then moved to Poppelsdorf.

The eye wanders to the Balkenhol artwork and we see August Macke looking at his colors. Along the Adenauerallee we reach the city garden and down to the Rhine. Here, the exotic trees should not go unmentioned, so can be found Canadian maple, Hungarian oak, Georgian wingnut and the sequoia tree from China there. The Old Customs with its French cannons then offer the opportunity to look out over the Rhine, over the Kennedy bridge is the double church of Schwarzrheindorf to see and south, weather permitting, make up the contours of the Siebengebirge with the Drachenfels and Petersberg.

The ideal place for a stopover in the summer is the popular beer garden on the „Old Customs“, not only students cooled their throats here in the 20s of the last centuries.
The staircase down to the Rhine gives a view of the bust of the garden architect Peter Joseph Lenné and along the stream to the north we now reach „Et Bröckemannche“, a small stone statue on today‘s Kennedy bridge. Originally, the figure was attached to the old bridge over the Rhine from 1898 and showed with its bared ashes towards Schäl Sick, because the Beueler had not participated in the construction of the bridge and the Bonn had to finance them alone. A few steps up to the opera house from 1965, a short look back on the Rhine, then we walk back towards the city centre.

After crossing the Adenauerallee, we reach the Remigiuskirche, a former Minorite church from 1276, in it is still the original baptismal font on which even a certain Mr van Beethoven was baptized on the first name Ludwig. A small oasis of tranquility forms the accessible cloister in the back of the church. Finally, it‘s time to visit the bustling market square with its Old Town Hall dating back to 1737. On working days, a visit to the Thalia Bookstore is not just a stroll through the market, because you can still find remains of the old metropolitan cinema there. „The ticket booth from 1929 in the basement is at least worth seeing, as are the details of his eventual failure in the position of a protected monument“, says Selmann.